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VBBRB - Maximale Fallzahlen brauchen ideale Bedingungen
VON MARCEL BORER, SEKRETÄR VBBRB
Fallsteuerungsinstrumente erhalten mit dem neuen Kindes- und Erwachsenenschutz u.a. auch deswegen entscheidendes Gewicht, weil im vierten Unterabschnitt des ZGB in Art 400 explizit festgehalten ist, dass die KESB sicherzustellen hat, dass die Beistände über die erforderliche Zeit verfügen und damit den geforderten Kontakt zur betroffenen Person auch persönlich wahrnehmen können.
Die Schweizerische Vereinigung der Berufsbeiständinnen und Berufsbeistände SVBB-ASCP hatte in den Jahren 2010 und 2011 das Fallsteuerungsinstrument der Abteilung Erwachsenen- und Kindesschutz Biel/Bienne (EKS) von Urs Vogel[1] überprüfen lassen. Dieser beurteilte in seiner Evaluation das Erfassungsinstrument als für die Praxis geeignet und kam zum Schluss, dass die in den einzelnen Arbeitsbereichen ermittelten Stundenpauschalen den tatsächlichen zeitlichen Belastungen entsprechen.
Auf der Basis der in den Jahren 2013 bis 2015 im Fallsteuerungsinstrument von Biel erfassten Aufwendungen beträgt der zeitliche Aufwand für die Führung einer Beistandschaft im Erwachsenenschutz durchschnittlich 34 Stunden pro Jahr. Im Einzelfall bewegte sich die Spanne zwischen 17 bis 46 Stunden pro Jahr. Rund die Hälfte des zeitlichen Aufwands fällt jeweils auf die Beiständin bzw. den Beistand, die andere Hälfte auf die Administration.
Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung nennt der SVBB-ASCP im Erwachsenenschutz eine Obergrenze von maximal 70 Dossiers pro 100% Beiständin bzw. Beistand, sofern sie sich auf eine 100-prozentige administrative Unterstützung verlassen können[2]. Dabei ist die Anzahl der Dossiers bzw. Mandate grundsätzlich auf das Jahr aufzukumulieren.
Selbstverständlich gelten die vom SVBB-ASCP genannten Obergrenzen auch nur dann, wenn den Mitarbeitenden von Berufsbeistandschaften eine angemessene Infrastruktur zur Verfügung steht. Zudem sind neu eingestellte Berufsbeistände und solche mit anteilmässig vielen neuen Mandaten angemessen und spürbar zu entlasten.
Die zumutbare Dossierzahl ist sowohl aufseiten der Beistände wie auch aufseiten der Administration wahrnehmbar zu reduzieren, wenn Ressourcen wegfallen oder überlastet sind und sich zeitaufwendige und komplexe Fälle häufen.
[1] Urs Vogel ist Mitglied des Instituts für Angewandtes Sozialrecht IAS und Lehrbeauftragter an verschiedenen Fachhochschulen mit Schwerpunkt zivilrechtlicher Kindes- und Erwachsenenschutz, Sozialhilferecht, Arbeitsgesetz, Arbeitsvertragsrecht und Datenschutz.
[2] Die Bruttojahresarbeitszeit bei einer 100-Prozent-Anstellung und einer 42-Stunden-Woche beträgt rund 2'104 Stunden/Jahr. Die Nettoarbeitszeit für fachbezogene Arbeit beträgt beim Beistand nach Abzug von 30 Prozent für Fort- und Weiterbildung, Supervision und Fachberatung, Sitzungen etc. rund 1'473 Stunden/Jahr, bei der Administration nach einem Abzug von 35 Prozent rund 1'368 Stunden/Jahr.
Mit besten Grüssen
Marcel Borer, Sekretär VBBRB
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