Berufsbeistände dürfen nicht bloss über Ziele, Inhalte und Aufgaben motiviert werden
Patrick Fassbind fordert in seiner Masterarbeit 2012 dazu auf, die Rahmenbedingungen der Arbeit von Sozialarbeitenden und Berufsbeiständen zu verbessern und ihnen für die beruflich herausfordernde Tätigkeit ausreichend Zeit und Ressourcen einzuräumen. Weiter – so der heutige Leiter der KESB Basel-Stadt – sind ihnen Arbeitshindernisse aus dem Weg zu räumen, geeignete Förderung und Unterstützung anzubieten und Rückendeckung zu leisten. Fassbind folgert, dass Sozialarbeitende mit psycho-sozial exponierten Arbeitstätigkeiten wie beispielsweise Berufsbeistände im Kindes- und Erwachsenenschutz nicht bloss über Ziele, Aufgaben und Inhalte motiviert werden dürfen. Denn diese Berufsgruppe ist im Vergleich mit anderen akademischen Berufsgruppen überdurchschnittlich von berufsbedingten Krankheitsfolgen betroffen, was sich in übermässigen Fehlzeiten, Arbeitsproduktivitätseinbussen, innere Kündigung und Fluktuationen auswirkt. Dies verursacht – so schildert Fassbind bereits 2012– exorbitante volkswirtschaftliche Kosten.
Kommentar von Marcel Borer
Patrick Fassbind, Leiter der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Basel-Stadt, hat bei der Ernennung von Beiständen sicherzustellen, dass diese ausreichend Zeit haben, um die ihnen übertragenen Aufgaben zugunsten der betroffenen Menschen gewissenhaft und fachlich korrekt wahrzunehmen. Doch auf die Arbeitssituation der Berufsbeistandspersonen im Amt für Beistandschaften und Erwachsenenschutz (ABES) hat er nur indirekt Einfluss, denn dies unterliegt der Leitung von Sarah Thönen. Offen bleibt daher die Frage, ob sich im ABES die Arbeitssituation von Berufsbeistandspersonen inzwischen verbessert hat und ob ihnen mehr Zeit für die Arbeit mit den ihnen anvertrauten Menschen zur Verfügung steht.Da das ABES keine öffentlichen Zahlen über Fehlzeiten, Fluktuation und Fallbelastung zur Verfügung stellt, kann zwangsläufig nur auf Vermutungen und Hörensagen abgestützt werden. Sicher aber ist, dass Dossierzahlen mit teilweise über 100 Mandaten pro Vollzeitstelle nach wie vor deutlich über den Empfehlungen der Schweizerischen Vereinigung der Berufsbeiständinnen und Berufsbeistände (SVBB) liegen und die Fehlzeiten beziehungsweise die Fluktuation unter den Mitarbeitenden Anlass zu grosser Besorgnis geben. Unterbindet die Leiterin des ABES weiterhin, dass die Berufsbeistandspersonen die Annahme von neuen Fällen wegen fehlenden Kapazitäten ablehnen, so verstösst sie damit wissentlich gegen die ihr auferlegten gesetzlichen Fürsorgepflichten.
Literatur
- Fassbind, Patrick (2012): Führung von Sozialarbeitenden.
Unter besonderer Berücksichtigung von Sozialarbeitenden im Kindes- und Erwachsenenschutz und in der Sozialhilfe mit sozial-psychisch besonders exponierten Arbeitstätigkeiten.
Verlag Edition Soziothek. Bern.
- Ilmarinen, Juhani & Tempel, Jürgen (2002): Arbeitsfähigkeit 2010:
Was können wir tun, damit Sie gesund bleiben?
Hrsg.: Marianne Giesert, DGB Bildungswerk e.V. Düsseldorf. VSA-Verlag. Hamburg.